Wenn das kalte Licht an trockenen Märztagen ungefiltert und schräg auf die Fassaden trifft, dann treten ihre Krümmungen, Unebenheiten und Verzierungen plastisch hervor. Die historischen Häuser Lüneburgs wirken dann wie organisch gewachsen und nahezu lebendig.
Ähnlich wie die Gesichter von Menschen, erhalten Häuserfassaden ohne Make-up und Weichzeichner einen stärkeren Ausdruck. Dann zeigen sie Charakter - gerade die alten. Und wer genau hinschaut, kann hinter die Fassade blicken.
Eine total durchgedrehte Fußballfeier nach dem tollen 4:1 Sieg gegen England gab es auch in Harburg. Oder gerade in Harburg, denn Harburg liegt geographisch soweit im Süden von Hamburg, dass auch das Temperament hier ein südländisches ist. Und dieses greift hier schnell auf die Leute ohne Migrationshintergrund über. Nach dem grandiosem 4:1 gegen England erlebte ich ein stundenlangen Siegestaumel aus Fahnen, Sprechchöre und Autokorso in Harburg-City, genau vor dem mächtigem Gebäude der Agentur für Arbeit, das nur allzu viele Harburger von innen kennen. Aber egal: Schlaaaaaaaand!
Der übertriebene Vergleich mit Soweto ist von mir nicht böse oder abwertend gemeint. Aber er greift auch nicht ganz ins Leere, denn Soweto und Harburg haben einiges gemeinsam. Beide liegen sie am südlichen Rand einer Metropolregion und waren einst unabhängige Städte, bevor sie eingemeindet wurden (Hamburg bzw. Johannesburg). Viele Leute leben hier unten, weil im Norden die Mieten zu hoch sind und ich wette, dass hier auch die Hautfarbe im Schnitt etwas dunkler und die Fußballbegeisterung extrovertierter ist als in den glitzernden Stadtteilen.