Santa Cruz de la Sierra

Es sind niemals die kleinen, bettelarmen Kaffs des bolivianischen Altiplano, in denen der Gringo zehn Augen vorne und hinten haben muss. Nein - es sind immer die großen Städte in denen er sich in acht nehmen sollte. Städte, deren schicke Glasfassaden Modernität vortäuschen, in denen der ungezügelte Reichtum einer weißen Minderheit auf die übrigen 90 Prozent der armen Hunde prallt - wie in Santa Cruz.

Ausgeraubt

Es geschah am hellichten Tag mitten in der reichsten Stadt Boliviens.


Ich lümmelte gerade mit anderen Rucksack-Vagabunden im schattigen Innenhof unseres Hostals bei kühlem Bierchen. Jemand prahlte mit seinem Dschungeltrip, schilderte, wie beim Durchreiten des Urwaldflusses blitzschnell ein 3-Meter-Kaiman aus dem Wasser schnellte und seinem Guide, der voran ritt, ins Bein biss. Da kam eine junge Australierin schlotternd ins Hostal getaumelt und erzählte schluchzend, was ihr gerade beim Stadtbummel geschah.

Ein Polizist hatte sie auf dem Bürgersteig angehalten und nach ihrem Ausweis verlangt - Drogenkontrolle! Pflichtbewusst überreichte die Australierin ihren Pass. Der uniformierte Staatsdiener befahl ihr, mit aufs Revier zu kommen, komischerweise in einem Taxi. Das Mädchen stieg mit ein, wollte den Ausweis zurück. Dann drängte ein zweiter "Polizist" von der anderen Wagenseite herein und das Taxi brauste los. Auf der Rückbank eingequetscht zwischen "Freund und Helfer" mutierten diese zusammen mit dem Taxifahrer zu grimmigen Gaunern. Ihrem eingeschüchtertem Opfer nahmen sie alles ab: Geld, Papiere, Armbanduhr. Am Ende zwangen sie das Mädchen, am Automaten Geld zu ziehen. Armes Ding.

Unser Kaiman- und Weltreise-Experte erklärte, dass der Trick mit den falschen Polizeiuniformen in Bolivien sehr geläufig sei. Schon viele allein umherstreifende Touris seien auf diese Weise ausgeraubt worden. Wie verdammt recht er damit hat, sollte ich bald aus erster Hand bestätigen können. Unserer Fazit an diesem Abend: Verlasse niemals alleine das Hotel!

Fisch essen

Raus aus dem Billighostal, marschiert der Gringo grüppchenweise nach rechts in die belebte Straße Richtung Central Plaza. Doch was passiert, wenn du alleine nach links gehst, hinein in das Stadtviertel mit den bröckelnden Fassaden? Was wenn du dich zu den schnurrbärtigen Schwarzschöpfen an die schäbigen Platiktische setzt und was zu Essen bestellst? 

Zunächst einmal sparst du Geld. Das Essen ist dort so billig, dass du fürchtest, es im Nachhinein noch teuer zu bezahlen. Deshalb überlegst du dir, auf welche Zutaten dein europäischer Körper am tolerantesten reagiert, wenn sie nicht mehr ganz frisch sind. Und wenn der untersetzte Mestize mit der schmuddeligen Kellnerschürze an deinen Tisch schlurft und dir den Fisch empfiehlt, dann sagst du einfach mal: Ja, den Fisch por favor! Du kannst dann schnell die Kaschemme verlassen, bevor dir dein Essen im Schierlingsbecher serviert wird, oder du genießt einen außerordentlich wohlschmeckenden, frittierten Fisch und wirfst vor Freude mit Trinkgeld um dich.
Was du dir merken solltest: Die Flüsse im bolivianischem Tiefland sind gespickt mit leckerstem Speisefisch - ein Schlaraffenland für Fischesser.

Erdölvorkommen haben seit den 50er Jahren das Provinznest unten am Rande des Amazonasbecken auf heute 1,6 Millionen Einwohner anschwellen lassen und zur reichsten Metropole Boliviens gemacht. So reich, dass sich die Oberen mit ihren Kaffeeplantagen, Swimmingpools, Privatmilizen und Milliardenerlösen vom armen, kalten, Hochland abspalten und einen eigenen, neoliberalen Staat gründen wollen.